Nun, es ist etwas geschehen.
Peinlich zwar, das muss ich an dieser Stelle zugeben, doch ich denke, euch kann ich meinen Fauxpas anvertrauen.
Ich weiß nicht, wie ich es beginnen soll...es war...puuuuuh...ach was soll's, hier kommt es:
Ich habe einen alten, sehr guten Freund über eine sehr, sehr lange Zeit vergessen.
Mehrere Jahre, um genau zu sein.
Zwar war er stets in meiner Nähe, kaum weiter entfernt als 20 Schritt.
Und doch...so lange habe ich nicht an ihn gedacht.
Bis vor ein paar Tagen.
Vor ein paar Tagen öffnete sich meine Zimmertür - und da stand er.
Mein alter Freund - Bertram B. von Osch.
Ein etwas in die Jahre gekommener, jedoch äußerst rüstiger und eleganter Herr der Gattung "Akkuschrauber".
Da stand er - entrüstet.
Entrüstet und entrückt ob der Tatsache meiner allzu langen Abwesenheit.
Diesen Umstand wollte er nicht länger hinnehmen.
Herr von Osch ergriff das Wort und das mir doch sehr vertraute, kratzende Sirren seiner Stimme lies mich vor Scham erschaudern.
Wie konnte ich ihn nur vergessen...
Erstarrt aufgrund meiner Missetat wagte ich es nicht, auch nur einen Ton von mir zu geben.
So lauschte ich seinen Worten.
"Kind", sprach er.
"Kind, es muss etwas geschehen.
Pack' dir deine sieben Sachen und folge mir in dein vierrädriges Gefährt.
Ich erwarte dich dort."
Und er verschwand nach draußen.
Jawohl, Herr von Osch, wie könnte ich widersprechen.
Während der Fahrt war es äußerst still.
Nur ab und an durchschnitt seine surrende Stimme die Stille, um mir den Weg zu weisen.
Noch immer wagte ich es nicht, zu sprechen - zu schwer lastete mein Gewissen auf meinen Stimmbändern.
Nach einer Weile lotste mich Herr von Osch auf den Parkplatz vor einem ziemlich beeindruckenden Gebäudekomplex.
Motor abstellen, Gurte lösen und - wie es zu erwarten war - hinein.
Der "Gebäudekomplex" stellte sich als ein "Baumarkt" heraus.
Während mein alter Freund zielsicher die Holzabteilung ansteuerte, wagte ich nun doch, die eine Frage zu stellen, welche mich hierher begleitet hat:
"Verehrter Freund, weshalb habt Ihr mich hier her geführt?"
Die Antwort kam prompt:
"Ich brauche Bewegung, Kind.
Alles an mir ist verstaubt, eingerostet, zu lange nicht betätigt worden.
Meine Gewinde knarren, mein Motor stottert, mein Akku schwächelt - ein Zustand."
Wieder gurgelte das schlechte Gewissen meine Kehle hoch.
Jawohl, Herr von Osch, Ihr sollt Bewegung bekommen.
Herr Bertram B. von Osch wies mich an, einige Dinge zu besorgen.
...okay, "einige Dinge" ist ein wenig untertrieben.
Es war eine ganze Litanei an "Dingen", die er benötigte.
Ein Häufchen Nägel, ein Kilo Schrauben, drei Kilometer Gitterdraht, eine Wagenladung Winkel, sieben Scharniere, fünf Rollen, dünne Holzplatten, dicke Holzplatten, große Holzplatten, kleine Holzplatten, lange Holzlatten, kurze Holzlatten, mittelkurze Holzlatten, mittellange Holzlatten, die Seele des Teufels, Nerven aus Stahl, ein Päckchen Pflaster...und noch einiges mehr.
Zurück im trauten Heim lies er mir keine Zeit zur Erholung - die Schlepperei ging ordentlich in die Arme.
Denn seine Bewegung bekam er bis dato noch kaum.
Er deutete auf einige Latten und surrte mir zu:
"Kind, an den Enden dieser Holzlatten bohrst du mir Löcher.
Denn so, wie es jetzt ist, kann ich keine Schrauben darin versenken, ohne das Holz zu splittern."
Auf meinen ratlosen Blick erwiderte er:
"Kind, vergiss nicht meinen Bruder, Balduin B. von Osch.
Er wird dir helfen - schließlich ist er eine Bohrmaschine."
Und eh' ich mich versah, stand Herr Balduin B. von Osch vor mir.
Auch ihn hatte ich beinahe vergessen.
Ein Surren zum Gruß seinerseits, ein Nicken meinerseits - und es ging los.
Und es wurde gebohrt.
Und gebohrt.
Und gebohrt.
Und gebohrt.
Und gebohrt.
Und ge...ja ihr wisst schon.
So lange, bis mein alter Freund zufrieden mit den Resultaten der vergangenen halben Stunde war und uns eine kurze Verschnaufpause gönnte.
(Da die maximale Zeichenanzahl erreicht ist, mögen doch die Interessierten ihr Augenmerk auf den Folgepost richten - ergebensten Dank.)